Video-Schnitt von Franziska Hinteregger

Infotext zur Ausstellung "Experimental Museum"

Projektion - Die Aufregung jedes Anfangs
Der erste Berührungspunkt mit dem Museum findet bereits statt, wenn die Besucher das Gebäude von außen zum ersten Mal erblicken. Ein besonders beeindruckendes Merkmal der Architektur dieses Museums ist die Fassade. Wir wollen eine Verbindung ziehen zu der Fassade eines Menschen und hinter diese blicken. Um das zu visualisieren, projizieren wir auf die Außenwand des Museums und spielen mit der Beschaffenheit dieser. Schließlich bröckelt die Fassade ab und die wahre Natur kommt buchstäblich zum Vorschein. Wir möchten auf die starke Beziehung der Menschen zu der Natur und ihrer Landschaft hinweisen und den Kontrast, der mit dem Museum geschaffen wird; ein hoch modernes Gebäude, inmitten vielfältigster Natur und einer geschichtsträchtigen Region. Gleichzeitig ist das Fallen der Fassade eine Kritik. Oder vielmehr ist es eine Frage: Was kommt zum Vorschein, wenn wir uns trauen die Fassade abzulegen? Bezüglich der konkreten Ausführung wäre es möglich eine Mischung sowohl aus zuvor angefertigten Content zu projizieren als auch die Besucher mithilfe von audio-reaktiven Visuals einzubinden. So könnte beispielsweise ein Mikrofon im Publikum platziert werden, welches es den Zuschauern ermöglicht, aktiv in die Live-Projektion einzugreifen und diese beispielsweise mit Applaus zu steuern.

Morphologium - Alle sehen alles, jeder wird jeder
Für jedes Gesicht forme ich mir selbst ein neues. Ich ändere die Farbe, die Form und auch die Sprache. Lasse Wasser über die Ecken und Kanten fließen, bis sie schön flach abgeschliffen sind. Und manchmal verwechsle ich die Gesichter. Plötzlich kommt ein Name zum Vorschein, der da nicht sein sollte. Es ist Spiel und Zwang zugleich, der unaufhörliche Weg zur passenden Identität. Mühlen, die sich drehen. Im Morphologium geben wir unser Gesicht ab, so wie wir es leichtfertig tagtäglich tun. Gibt es die Daten erstmal, haben wir keinen Einfluss mehr darauf, was geschieht. Wir werden verformt, verzerrt, gemorpht. Am Ende sind wir nicht mehr dieselben. Aus "Ich 1" wird "Ich 2".

CollageMe - Zufall ist Alles
Durch den Zufall kann alles geschehen und hat alles Raum. Im Gegensatz zur Notwendigkeit, die von beständiger Natur ist, erzeugt der Zufall gerade durch dessen Unberechenbarkeit eine unvergleichliche Spannung. Jeder Mensch ist Produkt dieses Zufalls und wird dann doch von seiner Umwelt geprägt. Die Tabula Rasa füllt sich und verschmilzt langsam mit ihrer Umgebung. Blicken wir sonst von außen auf die Kunstwerke und versuchen den Hintergrund zu verstehen, so werden wir beim Projekt CollageMe selbst zur Kunst. Mittels Facetracking wird das Gesicht des Besuchers in eine Collage implementiert, die zuvor zufällig aus einem Pool ausgewählt wurde. Das fertige Bild kann schließlich von den Besuchern mitgenommen werden; eine Erinnerung an den Besuch in der Landesgalerie Krems und ein eigenes, individuelles Kunstwerk.

Gehörgang - Auf einander Treffen
Das Stiegenhaus ist ein unbewusster Ort der Bewegung. Einerseits für die Besucher des Museums, andererseits fließt auch hier die Architektur ineinander: in Form des raffiniert entworfenen Stiegenhauses. Manchmal begegnen wir Menschen, welche die Gravitation unserer Leben verändern. Zwei Wellen treffen aufeinander, überlagern sich, spielen miteinander, interferieren. Unser Sound verändert sich, plötzlich ist da ein anderer Rhythmus. Zu Beginn weiß niemand wie diese Begegnung verlaufen und wie sie uns transformieren wird. Im gesamten Museum werden Mikrofone installiert, welche den Besuchern die Möglichkeit geben, sich auditiv oder durch die Text- Eingabe von Wörtern auszudrücken. Der Input wird dann mit verschiedenen Effekten verändert und mit Hintergrundsounds unterlegt. Dadurch wird die Summe von allem, was im Museum passiert, in einer Klangwolke im Stiegenhaus ausgegeben. Die Besucher geben dem Stiegenhaus somit eine ganz eigene Färbung, die sich immer wieder verändert und damit auch eine gewisse Tagesstimmung der Menschen aufzeigt.

Reflexion - Die Aufgabe in der Spiegelung
Wann beginnt sich meine Selbstwahrnehmung von der Realität zu unterscheiden? Wenn ich genau hinsehe, kann ich den Moment der Veränderung in mir erkennen? Der Spiegel ist das wohl persönlichste, individuellste und zugleich aufwühlendste Gemälde im Museum. Er hält sich nicht zurück, zeigt uns unsere eigene Wahrheit und drängt beinahe auf Antworten. Wer diesen Raum betritt, sieht Kunst, sieht sich selbst. Der Spiegelraum soll stille Refl¬exion anregen und durch ein Input-Output-System ein sich stetig veränderndes, dynamisches Feedback der Besucher anzeigen. Somit werden die Aussagen Teil der Ausstellung. Mithilfe von Projektionen werden die Gedanken der Menschen an den Wänden des Raumes hinterlassen und regen die nachkommenden Besucher zur Weiterführung dieser an.

Output - Auf sich wirken lassen
Als das Produkt unserer Eindrücke stehen wir schlussendlich über allem. Vielleicht berührt, vielleicht erregt, bestimmt verändert. Der freie Himmel über den Köpfen der Menge lässt Gedanken ziehen. Die Terrasse soll ein Ort werden, der sowohl stille Observation als auch ausgelassene Stimmung ermöglicht. Musikalisch untermalt von experimenteller, elektronischer Musik darf hier ein Austausch entstehen über neue Eindrücke, Erfahrungen und Gedanken. Dieser Ausdruck findet nicht nur durch Konversation statt, sondern darf völlig frei geschehen; mittels Sprache, Tanz, Musik, kurz allem, womit der Raum gefüllt werden will.

Instagram - Captions für eine Kooperation mit der Landesgalerie Krems

1 Ist die Veränderung eine bewusste Entscheidung? Oder ein biologischer Reifungsprozess, der von selbst fortschreitet und schließlich in die Transformation mündet? Eine längst ausstehende Revolution? Unaufhaltsame Naturgewalt oder ein simples "Ja"? 

2 Wie beeinflussen wir uns? Transformieren wir uns gegenseitig und braucht es dazu einen Ort, einen Tag, eine festgelegte Matrix? 

3 Manchmal bemerken wir die Veränderung auch erst, wenn wir schon fest in den neuen Welten verankert sind. Rückblickend wird die große Transformation sichtbar. Und die sicher geglaubte alte Form scheint so fern und nicht mehr greifbar. Jeden Tag wird sie fremder.


Projektteam
Studierende: Catherine Spet, Dominik Igel, Franziska Hinteregger, Georg Bohac, Inge Rudnicki, Jakob Suess, Janine Scheer, Karl Schauer-Dejo, Kerstin Schwarz, Klaudia Petrova, Markus Kohlhofer, Melinda Major, Rebekka Grüner und Zoe Gendron

Lehrende FH St. Pölten: Markus Wintersberger, Christian Munk, Thomas Wagensommerer
Kunstmeile Krems: Isabell Fiedler, Tanja Münichsdorfer, Claudia Pitnik, Maria Schneeweiß
#eXperimentalmuseum. Landesgalerie Niederösterreich koop FH St. Pölten © 2019 – 2020



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